Zur Beheizung von Wohnhäusern werden immer häufiger Verträge zur gewerblichen Wärmelieferung, sogenannte Wärme-Contracting Verträge, abgeschlossen. Eine Kundin, deren Abrechnung und Belege ich geprüft habe, hat mich gebeten nachfolgenden Text zu veröffentlichen:
„Als Mieterin der GMRE sollte ich für das Jahr 2012 € 1.000,- Betriebskosten nachzahlen, was für eine Bescherung! Wie so viele betroffene Mieter der GMRE habe ich mich gefragt, warum habe ich jedes Jahr auf`s Neue hohe Nachzahlungen zu leisten?“
Bei der Überprüfung durch den Sachverständigen Götz Autenrieth fielen die extrem hohen Heiz- und Warmwasserkosten auf uns es wurde erstaunliches festgestellt:
Die Wärme, die für die Beheizung und die Warmwasserbereitung benötigt wird, kostet 14,7 ct pro kWh. Damit ist dieser Preis fast doppelt so hoch wie sonst üblich. Gas, Fernwärme und Öl kosteten im Jahr 2012 auf dem freien Markt in Berlin nur ca. 7 bis 9 ct. Das sind allein im Jahr 2012 Mehrkosten in Höhe von 400 Euro bei einem 3-Personen-Haushalt, 3-Zimmer-Wohnung mit 88 qm.
Zudem wurde festgestellt, dass 15% der Energiekosten Pachteinnahmen der Fläche der Anlage sind, die von GMRE an den Anlagenbetreiber vermietet wurde. Die Kosten dafür werden den Mietern aufgedrückt.
Gut zu sehen sind die extrem hohen Kosten am Warmwasserpreis: Für 1 m³ wird uns Mietern ein Preis von fast € 21,- (Kaltwasser + Erwärmung) berechnet. Sehen Sie einmal in Ihrer Abrechnung nach, wieviel Warmwasser dort kostet.
Der Vermieter hat einen Wärme-Contracting-Vertrag mit einem Versorger abgeschlossen, der für die Mieter mit extrem hohen Kosten verbunden ist. Neben stetig steigenden Wäme- und Heizkosten wird der Mieter zusätzlich mit einem Investitionszuschlag belastet.
Derzeit lassen mehrere Mieter juristisch prüfen, ob durch die hohen Kosten gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verstoßen wird.“
Interessant ist an diesem Fall vor allem die vertraglich vereinbarte Pachtzahlung des Wärmelieferanten an die GMRE für die Nutzung des Heizungsraumes. Da der Wärmelieferant kalkulieren und wirtschaftlich arbeiten muss, wird die Pachtzahlung natürlich in den Wärmepreis einkalkuliert, ebenso die Instandhaltung der Anlage. Die Mieter zahlen also neben ihrer Miete und den Betriebskosten auch noch eine Pacht für den Heizungsraum – versteckt in den Heizkosten!
Für Eigentümer bzw. Verwalter ist dies ein verlockendes Modell: Die Kosten für die Anschaffung, den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage werden vom Wärmelieferanten, dem sogenannten Contractor, übernommen und sind nicht vom Eigentümer zu zahlen.
Der Contractor berechnet einen Wärmepreis, der sich aus dem Einkauf der Wärme, den Anlagenkosten den eigenen Kosten (Verwaltung, Büro, Mitarbeiter) und – im vorliegenden Fall – der Pachtzahlung zusammensetzt.
Gegenüber dem sonst üblichen Vorgehen in Wohnraummietverhältnissen – Anschaffung und Instandhaltung der Heizung zahlt der Eigentümer, Betrieb und Wartung der Mieter – stellt dies eine erhebliche Verschiebung zu Ungunsten des Mieters dar.
In einigen Fällen ist die Umstellung der Beheizung auf Contracting nicht zulässig. Wenn in Ihrem Haus die Umstellung geplant ist oder Sie hohe Kosten in der Abrechnung feststellen, sollten Sie rechtlichen Rat, z.B. bei einem Mieterverein oder einem niedergelassenen Anwalt, einholen.
Der Trend des Mietens von Anlagen ist nicht nur bei Heizungsanlagen/Contractingverträgen zu beobachten: Bei Aufzugskosten taucht in Abrechnungen von größeren Wohnanlagen immer häufiger die Position „Leasing/Miete Notrufsystem“ auf, die zusätzlich zum Betrieb des Notrufs berechnet wird. Auch hier investiert nicht mehr der Eigentümer, sondern mietet das System und legt die Kosten dafür auf die Mieter um.
Schauen Sie daher vor Anmietung einer Wohnung genau hin, fragen Sie nach der Art der Heizung, lassen Sie sich die Abrechnung des letzten Jahres zeigen, fragen Sie andere Bewohner des Hauses.
Übrigens: Auch bei Eigentumswohnungen, die neu gebaut oder saniert werden, ist Contracting anzutreffen. Anstatt eine Heizungsanlage oder Fernwärmestation einbauen zu lassen, schließt der Bauträger einen Contracting-Vertrag und spart sich dadurch die Investition. Bereits mehrfach ist mir dies in meiner Arbeit begegnet. Die Käufer/Eigentümer der Wohnung erfahren davon meist nichts oder übersehen es und werden erst aufmerksam, wenn sie die 1. Abrechnung bekommen und sich über die hohen Kosten wundern.
Bei Eigentumswohnungen kommt noch ein Punkt dazu: Nach Ablauf des Vertrages behält sich der Wärmelieferant meist den Abbau der Anlage vor; mit der Folge, dass das Haus dann über keine Heizung mehr verfügt. Die Eigentümer der Wohnungen müssen dann auf ihre eigenen Kosten eine neue Heizung einbauen lassen.
Sie sehen: Ein schwieriges Feld … Rufen Sie mich gerne an oder schreiben Sie mir, wenn Sie Fragen haben.
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