Die vor einigen Monaten angestoßene Debatte über Wärmdämmverbundsysteme WDVS ist ein großer Rückschlag im Bemühen um CO2-Einsparung. Weil man sich aber gerne auf ein Thema stürzt, das gerade durch die Presse geistert, ist es in aller Munde. Ich werde beruflich und privat von vielen Seiten auf die Berichterstattung über den Dämmwahn angesprochen.
Da ich 3 Jahre lang im Außendienst als selbständiger Handelsvertreter WDVS verkauft habe und dabei viel mit Architekten, Eigentümern und verarbeitenden Betrieben zu tun hatte, ist es mir ein persönliches Anliegen in Gesprächen die „Argumente“ zu entkräften.
Wir wohnen seit über 30 Jahren in einem Haus, das mit 10 cm Polystyrol gedämmt und mit einem Kalk-Zement-Putz von ca. 10 mm Stärke als sogenanntes „Dickschichtsystem“ armiert und verputzt ist. Die Fassade wurde in der ganzen Zeit nur 1 mal gestrichen. Wie man auf dem obigen Foto sieht, gibt es keine Mängel an der Fassade, lediglich die positiven Effekte sind wie am ersten Tag. Ein hervorragendes Raumklima, da es keine kalten Ecken und glühend heiße Heizkörper mehr gibt. Selbst bei Minusgraden sind die Heizkörper nur lauwarm und die Räume sind angenehm gleichmäßig temperiert.
Für mich stellt sich daher auch die Frage der Entsorgung eines WDVS nur sehr eingeschränkt. Sicher ist es wie bei vielen Dingen: Wer billig kauft, kauft zweimal oder hat eben schlechte Qualität. Bei einem billigen Sofa, das sie nach 3 Jahren wegwerfen müssen, fragt aber niemand nach der Entsorgung.
Die immer wieder geäußerte Ansicht ein WDVS sei bei der Entsorgung Sondermüll ist schlicht und ergreifend falsch. Es handelt sich um Baustellenabfälle oder Baumischabfall.
Ein großes Problem stellt die häufig sehr schlechte Qualität der Verarbeitung dar. Ich habe im Winter (!) 2011/2012 das Anbringen eines WDVS an Townhouses in Berlin- Friedrichshain verfolgt. Dort wurden bei Temperaturen um 0°C Dämmplatten geklebt und armiert. Die Armierung mit Gewebe wurde so dünn ausgeführt, dass man die Werbeschrift auf den Dämmplatten durch die aufgebrachte Armierung noch lesen konnte. Das es hier zu Schäden kommen wird, ist klar.
Bei Wärmedämmverbundsystemen verhält es sich natürlich wie bei allen anderen Produkten auch: Sie können gute Qualität kaufen, die dann etwas teurer ist, oder man kauft billig und bekommt dafür nur schlechtes Material.
Auf dem linken Bild sehen Sie ein Dämmsystem mit einen kunststoffvergüteten Oberputz. Diese Putze sind leicht zu verarbeiten und man benötigt wegen der dünnen Schichtstärke nur wenig Material. Sie werden deswegen gerne verwendet und massiv beworben.
Gut zu erkennen sind die Veralgung der Fassade und – wenn Sie Ihren Bildschirm größer stellen – die Dübelköpfe der Befestigung, die sich als helle Punkte abzeichnen. Bei diesen System ist der Putzauftrag auf den Dämmplatten nur ca. 4 – 5 mm stark. So können die Metalldübel als Wärmebrücken die Wärme aus der Wand des Gebäudes an die Oberfläche bringen mit der Folge, dass dort der Putz schneller abtrocknet und sich weniger Verunreinigungen aus der Luft niederschlagen und keine Algen und Pilze bilden. Dadurch bleiben diese Stellen heller.
Algen und Pilze bilden sich auf Putzen mit Kunststoffbeimischungen, da sie einen niedrigen ph-Wert haben. Kalk-Zement-Putze und Silikatputze und -farben haben einen hohen ph-Wert, sind stark alkalisch. Man kann das beim Verarbeiten von Zement gut spüren, da die Alkalität nicht nur für Algen unangenehm ist, sondern auch für unsere Haut.
Durch den hohen ph-Wert der Kalk-Zement-Putze fällt ein weiteres angebliches Problem der WDVS weg: Das Verwenden von Algi- und Fungiziden, auf deren Belastung der Umwelt immer im Zusammenhang mit Außendämmungen hingewiesen wird, ist bei diesen Putzen nicht notwendig.
Durch das Verwenden eines Kalk-Zement-Putzes im Dickschicht-Verfahren ist die Fassade auch besser vor Beschädigungen z.B. Anlehnen von Fahrrädern geschützt. Schauen Sie einmal nach, wenn Sie im Eingangsberich eines Hauses ein Loch im Putz eines Dämmsystems sehen: Wie dick ist der Putz auf den Platten aufgetragen worden? Sind es 4 – 5 mm oder ca. 10 mm? Sie werden sehen, dass in den allermeisten Fällen Dünnschichtsysteme von diesen Beschädigungen betroffen sind.
Äußerst publikumswirksam sind Fotos oder Filme von brennenden Fassaden, an denen der schmelzende Kunststoff herunter tropft. Es ist leicht vorstell- und nachvollziehbar, dass die dickere Schicht, der von mir bevorzugten Systeme einen wesentlich besseren Brandschutz bietet. Auch hier spielt die Verarbeitung eine große Rolle: Sind Randbereiche, der Sockel oder um die Fenster nicht vollständig mit Gewebe und Putz überzogen, können Flammen leichter den Dämmstoff in Brand setzen.
Geradezu verheerend ist es, wenn die Dämmplatten schlecht verklebt sind (oder nicht dicht an der Wand sitzen) und das Feuer durch undichte Stellen im Randbereich oder an den Fenstern hinter die Dämmplatten gelangt. Dann werden die Flammen durch den „Kamineffekt“ hoch gezogen und können bis zum Dach kommen. Bei einem der in vielen Beiträgen gezeigten Brände war genau dies der Fall.
Es freut mich, dass Sie bis hier gelesen haben und sich für das Thema interessieren. Wie Sie sehen, treffen viele der angeblichen Probleme von WDVS nur auf einen Teil der am Markt befindlichen Produkte zu. Das ist als ob man sagen würde: Autos verbrauchen viel Benzin. Bei einem Teil stimmt das, aber nicht bei allen.
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